Ein Seminarbericht von jacky G. & Krissi S. zum Seminar "Besser verstehen? ...oder erst einmal verstanden werden?" von und mit Peter Dieler vom 09.07. - 11.07.2021 in der Akademie Biggesee im sauerländischen Attendorn.

Voller Vorfreude fieberten wir dem Seminar „Besser verstehen? – Oder erstmal verstanden werden?“ entgegen. Endlich durften wir uns wieder begegnen und uns wiedersehen.

Ich (Jacky) kannte Peter Dieler bereits und freute mich sehr auf sein Seminar. Für mich (Krissi) war es neu. Peter Dieler kannte ich bisher noch nicht, aber einige der anderen Teilnehmer.

Freitag ging es mit der Vorstellungsrunde und unseren Erwartungen an das Seminar los. Peter Dielers erster wichtiger Punkt wurde uns schnell klar - Kommunikation ist nicht gleich Kommunikation.

Da der erste Tag des Seminars spät begonnen hatte, war er auch schnell wieder vorüber. Für uns endete er mit einem gemütlichen Abend im Kaminzimmer, mit Plaudereien, Billard oder Kicker spielen. 

Samstag begannen wir schon morgens früh und Peter Dieler begrüßte uns mit der Aufschrift „Willkommen ihr Doofen“. Damit meinte er mit „doof“ natürlich nicht, dass wir doof sind, sondern die niederländische Übersetzung von „taub“!

Wir besprachen verschiedene Situationen, in denen wir uns unwohl fühlten bzw. wir nicht wussten, wie wir uns in diesen verhalten sollten. Wir diskutierten in kleinen Gruppen über verschiedene Lösungen und Strategien und notierten diese. Peter Dieler hatte dabei stets im Blick, wie wir uns dabei fühlten und wer seine Situation in der Gruppe oder lieber mit ihm persönlich besprechen wollte. Am Ende hatten wir viele verschiedene Lösungsstrategien für unterschiedliche Situationen erarbeitet.

Ein weiteres Thema waren Missverständnisse in der Kommunikation. Hier nutzte Peter Dieler gute Veranschaulichungen und Beispiele, wie wir Kommunikationsmissverständnisse ohne Kritik gezielt und klar ansprechen können.

Die Voraussetzung dafür, dass wir Hörgeschädigten uns während Gruppengesprächen wohl fühlen, ist, dass alle Gesprächsteilnehmer mitwirken, auch der Hörgeschädigte selbst. Der Hörgeschädigte muss auf sich aufmerksam machen, er muss selbst agieren. Hierbei ist es wichtig, dass die Formulierung stimmt. Es darf also nicht heißen „Du/Ihr musst/müsst was ändern/lauter sprechen …“, sondern „Wir müssen an unserer Kommunikation etwas ändern“.

„Bitte redet laut und deutlich und schaut mich beim Sprechen bitte an.“ „Bitte immer Einer nach dem Anderen sprechen.“ … „Möchtet ihr, dass ich euch verstehe…?“ oder „Ist es euch wichtig, dass ich euch verstehe? ...dann wäre es gut, wenn ihr…“

Fazit: Wir Hörgeschädigten müssen Guthörende dazu einladen, ihr Denken zu ändern bzw. sie dazu animieren, anders zu denken!

Weiter ging es mit einem Experiment. Wir bekamen ein Arbeitsblatt das wir zunächst verdeckt halten sollten. Dann las Peter Dieler eine Geschichte vor. Nun war es unsere Aufgabe die Aussagen auf dem Arbeitsblatt als „richtig“, „falsch“ oder „nicht eindeutig zuzuordnen“ anzukreuzen. Hierbei wurde uns klar, dass unsere Hörbehinderung uns auch etwas gelehrt hat: die Aufmerksamkeit! Denn in der Runde befanden sich auch zwei Normalhörende. Das Ergebnis zeigte, dass einige der Hörgeschädigten mehr Kreuze richtig gesetzt hatten als diese.

Am späten Nachmittag endete auch dieser Seminartag. Obwohl wir alle erschöpft waren, waren wir rundum zufrieden. Den Abend ließen wir nach einem kleinen Spaziergang am Biggesee, Billard spielen oder kleinen Plaudereien gemütlich am Lagerfeuer auf der Terrasse ausklingen.

Am letzten Tag nahmen wir das Thema Kommunikation noch genauer unter die Lupe. Dazu hatte Peter Dieler ein kleines Spiel mitgebracht. Dieses bestand aus mehreren verschiedenartigen und verschiedenfarbigen Bausteinen. Das Spiel benötigte zwei Teilnehmer (A und B), zwischen denen eine Trennwand aufgebaut wurde. Jeder bekam den gleichen Satz an Bausteinen. A musste nun B möglichst genau erklären, wie er seinen Turm baute und B musste diesen nachbauen.

Nach der Auflösung der ersten Runde stellten wir schnell fest, dass hier etwas ordentlich schiefgelaufen war. Was für A eindeutig erklärt war, war für B gar nicht so eindeutig. Hier stimmte die Kommunikation nicht. Nach weiteren Durchläufen mit unterschiedlichen Teilnehmern stellten wir fest, dass die Kommunikation immer besser funktionierte, bis die beiden Türme übereinstimmten. Denn wir lernten mit jeder Runde dazu: Was hat bei dem einen gefehlt, wie kann ich es genauer erklären? 

So wie bei diesem Spiel ist es auch oft im Alltag. Hier können wir aus jeder misslungenen Kommunikation lernen, was wir besser machen können bzw. was wir unserem Gegenüber erklären müssen damit unsere Kommunikation besser verlaufen kann.

Peter Dieler gestaltete das Seminar sehr abwechslungsreich, mal Einzelarbeiten, mal Gruppenarbeiten, mal Erklärungen seinerseits und natürlich seine Fakten und Zitate, die er immer wieder, wenn es gerade passte, und mit sehr viel Humor in die Runde warf:

• Kommunikation ist immer ein Versuch
• Ein Beispiel nach einer Bahnhofsdurchsage: Hier ist die Akzeptanz aller Anwesenden am größten, dass man etwas nichts verstanden hat, da viele Personen den Inhalt der Nachricht nicht verstanden haben.
• Der Hörende freut sich über jeden Menschen der kommt, der Hörgeschädigte über jeden, der nicht kommt.
• Der Hörgeschädigt ist zu Hause alleine auf dem Sofa nicht so einsam, wie in einer Gruppe von Menschen, die er nicht versteht.
• Ich verstehe dich schneller, wenn du langsam sprichst.
• Ich habe kein Hörproblem, sondern wir haben ein gemeinsames Kommunikationsproblem.
• Du trägst doch ein Hörgerät, hörst du mich nicht? – Doch ich höre dich aber ich verstehe dich nicht immer. Oder: Ich habe gehört, dass du mich gerufen hast, aber ich habe nicht verstanden, was du gesagt hast.
• Sagt nicht: „Ich habe dich nicht verstanden.“, sondern: „Meine Ohren haben dich nicht verstanden.“

Das Seminar zeigte vielen von uns, dass die meisten mit den gleichen Problemen konfrontiert sind/waren und man nicht allein ist.

Die Tage und Stunden bis zum Ende des Seminars und damit auch unser gemeinsames Wochenende vergingen viel zu schnell. Wir hatten sehr viel Spaß, haben viel gelacht und viel gelernt.

Wir verstehen!

Jacky und Krissi